Meinung von Stadtrat Wolf zur Ehrenbürgerschaft des OB der Partnerstadt Villingen-Schwenningen Dr. Gebauer

Liebe Genossinnen und Genossen! Liebe Freunde!

Es gibt wieder einiges zu berichten. Überragend sind im Stadtrat zwei Themen gewesen:

1. Die Ehrenbürgerschaft des OB der Partnerstadt Villingen-Schwenningen Dr. Gebauer und

2. der Bau eines Denkmals in Zittau zur Erinnerung an die Helden der  „Revolution 89.

Zu 1. Antragsteller war der Bürgermeister (CDU) Herr Hilscher. Kurze Begründung: Die Stadt ist dem Dr. Gebauer zu außergewöhnlichen Dank verpflichtet. Seinem hervorragenden persönlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass damals die Verwaltung der Stadt Zittau in die Lage versetzt wurde, ihre Aufgaben in bester Qualität zum Wohle der Menschen zu erfüllen. Ihm ist maßgeblich zu verdanken, dass Zittau 20 Jahre nach der „heldenhaften Revolution“ auf bisher  nie da gewesene Erfolge zurückblicken kann und jetzt nur noch glückliche Menschen frei herumlaufen. Soweit so gut.
Leider  kam ich zur Stadtratssitzung später und konnte nur noch an der Abstimmung teilnehmen. Ich habe mich der Stimme enthalten mit der Tendenz eher zur Ablehnung. Der Beschluss ging mit 2 Stimmhaltungen und 0 Gegenstimmen durch.

Trotzdem möchte ich mich zu diesem Thema wie folgt positionieren:

·         Ich wohne seit 77 in Zittau, aber dieser Mann war mir bis dato kein Begriff. Und das geht nicht nur mir so.

·         Wenn dessen Verdienste beim Aufbau der Verwaltung so groß gewesen sind, war dies für mich politisch kontraproduktiv, da ohne dessen Hilfe dieses System nicht funktioniert hätte. Gleichzeitig hätten sie sich nicht den Luxus leisten können, gnadenlos auf bewährte und unliebsame Fachkräfte zu verzichten und diese um ihre Existenz zu bringen. Das war verschärfter Klassenkamp in einer neuen Form. Mir ist kein Fall von damals bis heute bekannt, dass eine Person welche sich offen zur PDS (LINKE) bekannt hatte auch nur die Spur einer Chance auf einen Job in der Verwaltung hatte. Maximal gab es hinter der Hand Mitläufer um auch etwas vom Kuchen zu kriegen, welches wiederum ein Thema für sich wäre. Sind damit die Verdienste vom Herrn Dr. Gebauer gemeint?

·         Die vorgegebenen, aber nicht definierten  „Erfolge“ kann ich nicht nachvollziehen. Offensicht die Einreicher und Befürworter auch nicht. Aber dazu kann sich jeder selbst ein Bild machen.

·         Tatsache ist, dass damals alle in der Verwaltung angekommenen Kräfte als Grundbedingung entsprechende revolutionäre Kampferfahrungen oder gleichwertige parteiliche Beziehungen vorweisen mussten. Dies hatte Priorität gegenüber fehlender Fachkompetenz und Eignung. Deshalb erhielten sie trotz fehlender Eignung das volle Gehalt und wurden dabei natürlich nicht rot. Wenn diese sich heute dem Dr. Gebauer verpflichtet fühlen, können sie doch als persönliche Nutznießer einsammeln und ihm ein Geschenk überreichen.

·         So gesehen halte ich hier eine Ehrenbürgerschaft als vollkommen überzogen. Meines Erachtens sollten wir mit der Ehrung als Ehrenbürger anspruchsvoller umgehen. So wie in der Vergangenheit.

·         In diesem Zusammenhang möchte auf zwei Dinge hinweisen, zu denen man hier unbedingt einen Zusammenhang herstellen muss.

·         Da wäre das  Jubiläum des 25. Todestages von E. Kindermann, einem Ehrenbürger der Stadt Zittau. Dessen Bild hat man aus dem Rathaus ins Archiv verschwinden lassen! Eine Würdigung ist nicht angedacht.!!! Daraus lässt sich die Frage ableiten, welchen Wert hat eine Ehrenbürgerschaft jetzt in Zittau???

·         Nicht vergessen sollten wir, dass es in Zittau ein „Willi Gall Stadion“ gab. Hier handelt es sich um einen Kommunisten, welcher sein Leben lassen musste, weil er sich aktiv gegen Faschismus und Krieg eingesetzt hat. Wäre er Jude und nicht Kommunist gewesen, hätte sich das Zittau nie erlaubt. Zumindest bisher nicht.

Unser Stolz darf es nicht zulassen, dass unsere großen Ideale im Kampf gegen Faschismus und gegen Krieg, auf so billige Art und Weise verraten werden.

Zu 2. Da hierzu viel, wenn auch teilweise unsinniges in der Presse berichtet wurde, möchte ich dazu ein paar ergänzende Ausführungen tätigen.

  • Das wir das ablehnen sollte indiskutabel sein. Vor allem weil die dahinter steckende Absicht für uns eine politische Provokation ist.
  • Die Einbringer und Unterstützer wollen diesen Unsinn nutzen um die bestehenden Realitäten in dieser Gesellschaft zu negieren und historische Tatsachen zu vergewaltigen.
  • Es ist ein geistiges Armmutzeugnis und Ausdruck von absoluter Hilflosigkeit wenn man sich 20 Jahre nach der feindlichen Übernahme der DDR solcher Hilfsmittel bedienen muss, um gesellschaftliche Verhältnisse der Öffentlichkeit zu suggerieren, die man den Menschen als Lockmittel versprochen hat, zu deren Erreichung aber gar nicht in der Lage ist. Dazu müsste der Staat ein wahrhaftiger Souverän des Volkes und  kein Knecht des Kapitals sein.
  • Dieses Denkmal, dessen Errichtung sich jetzt zum Prestigeobjekt entwickelt hat, geht definitiv am Arsch des Volkes vorbei. Es wird mit Sicherheit nicht das bewirken was es soll.

Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, wir brauchen kreative, intelligente Ansätze um die Machenschaften dieser üblen Truppen den Menschen rüberzubringen.

1990 habe ich mir die Frage gestellt, wann wird der Tag kommen, wo die Wessis sich die Frage beantworten müssen wie sie die Ossis durchfüttern?

Z. Z bewegt mich die Frage nach dem qualitativen Unterschied zwischen der „maroden“ DDR und dem Bettelstaat BRD heute?

In diesem Sinne möchte ich für heute schließen, uns für die nächste Zeit trockenes und warmes Wetter wünschen und freue mich auf ein nächstes Mal!

Mit soz. Gruß
Hans-Joachim Wolf

PS: Vergesst nicht die Flutopfer!!!!!!!!!!!