Nachdem der Antrag der LINKEN, die in der Geschäftsordnung geregelte Begrenzung der Redezeit außer Kraft zu setzen, erfolgreich war, wurde die Thematik Neubau Erweiterungsbau Parkschule intensivst diskutiert.

DIE LINKE im Stadtrat lehnte den vorgelegten Beschlussentwurf ab. In seinem

Redebeitrag ParkschulePDF-Datei (356,9 KB)

begründete Jens Hentschel-Thöricht, Vorsitzender der Linksfraktion, unseren Standpunkt wie folgt:

Redebeitrag von Jens Hentschel-Thöricht, Vorsitzender der Linksfraktion im Stadtrat Zittau, zum Thema „Neubau Erweiterungsbau Parkschule“ am 25.03.2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sehr geehrte Mitglieder des Stadtrates, Sehr geehrte Verwaltung, Guten Tag Herr Mielke, Sehr geehrte Gäste, ganz besondere Begrüßung an die Jugendliche, die sich gegenwärtig zu diesem Thema engagieren,

„Neubau Erweiterungsbau Parkschule“ dieses Thema lässt die Mitglieder unserer Fraktion seit Wochen nicht mehr los.

Warum müssen wir uns mit diesem Thema beschäftigen?

Mit Blick auf die offiziellen Zahlen ist Fakt: Die Anzahl der Schulen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist seit der Wende deutlich gesunken – ebenso deutlich, wie auch die der Schüler zurückgegangen ist: Insgesamt 41 Prozent der allgemeinbildenden Schulen wurden seit Anfang der 90er-Jahre in allen drei Bundesländern geschlossen.

Stadt und Land unterscheiden sich beim Thema Schulschließungen voneinander. Während etwa in den großen, urbanen Zentren in Sachsen weniger Schulen dichtgemacht wurden, waren es in den Landkreisen viel mehr. So wurde zum Beispiel im Landkreis Görlitz fast jede zweite Schule geschlossen.

So die Meldung des Mitteldeutschen Rundfunks am 21.11.2019.

Und wer hat dies maßgeblich zu verantworten? Ein Blick auf die Liste der Kultusminister in Sachsen seit der Wende gibt uns Aufschluss über eine mögliche Beantwortung der Frage. Die Kollegen der CDU werden es sicherlich wissen. Alle Kultusminister kamen es der Reihe der CDU. 

Es sind also Mitglieder der Partei, die jetzt auf einmal für den Bau der Schule kämpft. Werden Sie einfach mal eher munter geworden und hätten Sie auf DIE LINKE gehört. Von der Sozialdemokratie brauchen wir in Zittau nicht mehr sprechen, zu Recht. Auch diese Partei ist seit Jahrzehnten in der Sächsischen Regierung und hat das Dilemma damit mit zu verantworten.

Seit Jahren forderte DIE LINKE Bis Klasse 8 gemeinsam lernen

In der Grundschule lernen leistungsstarke und leistungsschwächere Kinder mit- und voneinander.

Niemand kann sagen, wie sich die Zehnjährigen dann entwickeln. Trotzdem werden sie getrennt, laut CDU eine »bewährte« Praxis. Dabei beklagt Sachsen hohe Schulabbruch-Zahlen, Industrie und Handwerk vermissen guten Nachwuchs. Für die Regierung ist längeres gemeinsames Lernen dennoch kein Thema. Wir wollen, dass öffentliche Schulen zu Gemeinschaftsschulen werden dürfen, in denen frühestens nach der achten Klasse entschieden wird, wer welchen Abschluss anstrebt. Wenn es nach CDU und SPD geht, sollen bis zu 28 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse lernen. Das ist zu viel! Die Obergrenze sollte auf 25 sinken – der Lernqualität zuliebe.

Schulen auf dem Land erhalten
Wenn es zu wenige Anmeldungen gibt, ist ein Schulstandort bedroht. Wir wollen Schließungen verhindern. Oberschulen sollen mit 20 Schülerinnen und Schülern pro Klassenstufe auskommen dürfen (bisher 25), Grundschulen mit insgesamt 50 Kindern (bisher 60).

Es ist also für uns keine Lösung, dass in Zittau mehr Klassen ermöglicht werden, wenn Schülerinnen und Schüler in Großschönau, Oderwitz und Seifhennersdorf aufgenommen werden können. In jedes Dorf, in jede Stadt gehört eine Schule! Auch wollen wir nicht nur städtisch, sondern als eine zusammenstehende Region und kommunale Familie agieren. So, wie wir es letztlich auch mit dem Projekt der Kulturhauptstadt von allen umliegenden Kommunen gefordert und gewollt haben. Nun ist es an uns, in diesem Punkt nicht nur nach Zittau, sondern ins Umland zu schauen. 

Und ja Zittau will und soll sich als Mittelzentrum etablieren und festigen. Dies kann und darf jedoch nicht zu Lasten der Umlandkommunen geschehen, sondern funktioniert nur in einem ehrlichen Miteinander. 

Und lassen Sie uns auf dieses Miteinander kommen. Als Stadträte haben wir nicht nur ein Thema im Blick zu haben. Egal ob es Feuerwehr, Schwimmhalle oder Parkschule ist. Darüber hinaus gibt es Themengebiete, die finanzielle Auswirkungen auf den städtischen Haushalt haben.

Es ist kein Geheimnis, dass Zittau sich mit Kassenkrediten über Wasser hält. Im Frühwarnsystem „Kommunale Haushalte“ des Freistaates Sachsen wird der Stadt Zittau ein instabiler Haushalt attestiert, was die letztmögliche Stufe in der Bewertung darstellt. So betrug der Finanzmittelbestand per 30.09.2020 Minus 5,39 Millionen Euro. Und ja meine Damen und Herren, dass ist die Frage berechtigt: Darf eine Kommune ohne ausgeglichenen Haushalt eine Investition von 1,4 Millionen Euro tätigen?

Ich möchte Ihnen die Antwort der Rechtsaufsicht des Landkreises dazu nicht vorenthalten, die Rechtsaufsichtsbehörde schreibt dazu:

„Grundsätzlich ist es richtig, dass eine Stadt Investitionen nur im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit vornehmen darf. Das erfordert einen dauerhaft ausgeglichenen Haushalt. In Ausnahmefällen kann jedoch aus zwingenden rechtlichen Gründen eine Investition erforderlich sein. In diesem Fall kann auch ein vorübergehend unausgeglichener Haushalt hingenommen werden, wenn insbesondere durch geeignete Maßnahmen eines Haushaltsstrukturkonzepts nachgewiesen werden kann, dass es des Stadt gelingen wird, wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren. In Betracht kommt dies bei zwingend erforderlichen Maßnahmen der sogenannten infrastrukturellen Grundversorgung.“

Schulneubauten gehören laut Verwaltungsvorschrift „Kommunale Haushaltswirtschaft“ zweifellos zur infrastrukturellen Grundversorgung. Vor allem für uns als LINKE war das noch nie infrage gestellt. Vielmehr haben andere Parteien hier wohl kaum zuvor an der Seite von Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern gewirkt. Daher umso schöner, fass Sie nun endlich mutig, wenngleich auch finanziell gegenüber dem städtischen Haushalt fast waghalsig, auf diesen Bereich schauen.

Die entscheidende Frage, ob es Zittau gelingen wird „zu einem ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren“ beantwortet die Rechtsaufsichtsbehörde so: „Da bisher das Haushaltsstrukturkonzept nicht oder unzureichend umgesetzt ist, kann derzeit jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Stadt über einen nennenswerten Spielraum für Investitionen verfügt.

Nicht umsonst fordert DIE LINKE eine Änderung des Finanzausgleichgesetzes. Am 27.08.2018 stellten wir den Antrag im Zittauer Stadtrat

Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister, die Landesregierung und die Fraktionen im Sächsischen Landtag aufzufordern, dass Finanzausgleichgesetz dahingehend zu ändern, dass die Städte und Gemeinden pro Kopf und Jahr 100 Euro mehr erhalten.

Der Antrag wurde leider abgelehnt.

Wenn also die Sächsische Zeitung titelt „Freistaat und Kreis für Parkschul-Neubau“ dann sage ich klar und deutlich, dann soll diese auch eine höhere Förderung für Schulbauten geben! Mittlerweile fordern dies sogar die mehrere CDU-Verbände im Kreis. Einfach wäre es natürlich gewesen, die Schulen in der Vergangenheit gar nicht erst zu schließen! Oder ist dies sogar Absicht um den Lehrermangel zu kompensieren, weil man auch bei diesem Thema jahrelang geschlafen hat?

Und da ich gerade bei der Sächsischen Zeitung bin:

22.1.2021: Erster Schulneubau seit der Wende startet — hier erinnere ich an viele Investitionen, die im schulischen Bereich getätigt wurden in Zittau, zB das Schlieben-Schul-Zentrum.

30.1.2021: Der Parkschul-Neubau wird auch rot

Herr Mielke, vielleicht verhindern Sie zukünftig bei den Überschriften den Eindruck, dass die Entscheidung gefallen ist. Ein solche trifft der Stadtrat und nicht die Sächsische Zeitung. Das sei Ihnen klar und deutlich bei Ihrer allgemeinen Stimmungsmache gegen DIE LINKE deutlich gesagt! Auch wenn es für Sie so schwer zu akzeptieren ist, dass Sie sich als Lokalzeitung an jegliche Ebenen wenden, um die Politik Ihres Oberbürgermeisters durchzudrücken und Druck aufzubauen. 

Was macht es für uns als LINKE also trotz unserer Herzensangelegenheit „Schule“     schwierig, diesem Beschluss zuzustimmen?

Wir ziehen aus den Umlandkommunen Schülerinnen und Schüler ab und riskieren damit die Schulstandorte im ländlichen Raum. 

Wir haben keinen Überblick, in welchen Umfang freiwillige soziale Leistungen möglicherweise eingespart werden, um die Kosten im städtischen Haushalt zu kompensieren. 

Vielleicht ist es eine Option, dass wir den heutigen Beschluss auf die Haushaltsdiskussion vertagen. Die Zeit bis dahin könnte die Verwaltung nutzen, eine höhere Förderquote mit dem Freistaat zu verhandeln. Schließlich sind wir in einem Wahljahr und mit Wahlgeschenken versuchen sich die Herrschenden seit jeher ihre Macht zu sichern. Als solches verstehen wir es auch, dass die Zittauer CDU und die im Landkreis das Thema „Schule“ entdeckt hat. Für uns ein Handschlag, den wir gern annehmen und Sie willkommen heißen, sich mit uns für diesen Bereich einzusetzen. Vielleicht ja an der Seite des Oberbürgermeisters, für eine höhere Förderung des Erweiterungsbaus der Parkschule.

Abschließend möchte ich auch den engagierten Bürgern danken, welche an der Seite der Parkschüler stehen. Es ist großartig zu sehen, dass Sie sich für Ihre Anliegen einbringen. Für kommende Themen unserer Stadt wünsche ich mir für eine Zittauer Gesellschaft, die in der Mehrheit der Themen Alters-und zielgruppenunabhängig zusammensteht dass Sie sich vor ersten Abstimmungen mit Ihren Meinungen und zur Meinungsbildung beteiligen und an Ihre Vertreter im Stadtrat wenden. Nur, wenn wir kontinuierlich und nicht nur als „Aufschreie“ danach, miteinander im Gespräch und Dialog bleiben, dann können wir hier vor Ort was bewegen. Dafür stehen wir als LINKE und laden einmal mehr zu unseren öffentlichen Fraktionssitzungen und darüber hinaus zu Gesprächsangeboten an alle haupt- und ehrenamtlichen Macher ein.

Jens Hentschel-Thöricht
Vorsitzender der LINKEN im Stadtrat Zittau
25.03.2021